Wie können die Empfehlungen der Europäischen Kommission im wahren Leben umgesetzt werden? Fallstudie Stara Kiszewa


Autor: Michal Tarka

Jurist und Doktorand an der Rechtsfakultät der Adam Mickiewicz Universität (UAM) in Poznań, Polen

Publiziert:  21. März 2014


Als Experte für die Kampagne „Gemeinsam in Schiefergas“, die vom Polnischen Nationalen Fonds für Umweltschutz finanziert wird, habe ich einen der ersten Fälle einer Lizenz für Schiefergas analysiert, bei der die Empfehlungen der Europäischen Kommission umzusetzen sind. Zu einem Projekt, welches die Prospektion und Förderung von Öl und Erdgas im Lizenzgebiet 1/2011/p STARA KISZEWA beinhaltet, hat der Investor PGNiG dem Regionaldirektor für Umweltschutz einen Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht. Die einzelnen Mindestanforderungen, die in der Empfehlung der Europäischen Kommission genannt werden, wurden im UVP-Bericht zwar noch nicht berücksichtigt, werden jedoch sicherlich ergänzt.

Risikoabschätzung und Beschreibung des möglichen Ortes

Nach Absatz 5(1) der Empfehlung haben Betreiber der zuständigen Behörde eine Risikoabschätzung und Beschreibung des potentiellen Standortes, der Umgebung über Tage und des Untergrundes vorzulegen.

Zu dieser Risikoabschätzung werden in der Empfehlung Faktoren genannt, welche in eine solche Abschätzung einfließen sollten (Absatz 5(3) der Empfehlung). Zunächst muss der Betreiber eine Prognose zu dem sich ändernden Verhalten der Zielformation, der geologischen Schichten, welche das Reservoirgestein vom Grundwasser trennen, und der bestehenden Bohrungen oder anderen vom Menschen gestalteten Strukturen vorlegen, welche den hohen Injektionsdrücken bei einer hydraulischen Frakturierung in großem Umfang ausgesetzt sind. Darüber hinaus hat der Investor bei seiner Risikoabschätzung auch eine minimal vertikale Entfernung zwischen dem aufzubrechenden Bereich und dem Grundwasser einzuhalten.

Der für das Lizenzgebiet STARA KISZEWA vorgelegte UVP-Bericht mit der Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt enthält keine korrekt und ausreichend vorgenommene Risikoabschätzung für das geplante Projekt. Es ist anzumerken, dass bisher noch keine standardisierten minimalen vertikalen Entfernungen zwischen dem aufzubrechenden Bereich und dem Grundwasser festgelegt worden sind. Allerdings hat der Investor im UVP-Bericht zumindest eine mögliche Entfernung anzugeben. So kann die zuständige Behörde prüfen, ob sie für den Schutz der betroffenen wasserführenden und sonstigen geologischen Schichten ausreicht.

Weil die Bereiche mit möglichen Bohrungen (und folglich die Gebiete, in denen eine hydraulische Frakturierung erfolgt) innerhalb des Gebietes des Hauptgrundwasserreservoirs Nr. 116 (Reservoir Gołębiewo Intermoraine) und des Gebietes einheitlicher Grundwasserkörper Nr. 30 (von guter Wasserqualität) liegen, ist es notwendig, sie sorgfältig zu analysieren und eine Risikoabschätzung hinsichtlich der Belastungen vorzunehmen, denen sie bei einer hydraulischen Frakturierung ausgesetzt sein können. 

Basisstudie für das Gebiet von STARA KISZEWA

In Absatz 6 der Empfehlung werden die grundlegenden Anforderungen im Hinblick auf die Festlegung des Umweltstatus vor der hydraulischen Frakturierung definiert.

Der Investor hat zum Teil im UVP-Bericht eine sogenannte „Basis“ für die natürliche Umgebung festgelegt. Es ist jedoch zu beachten, dass der Investor bestimmte Faktoren einer umfassenden Abschätzung dieses Status im Dokument mit der Analyse weggelassen hat.

Zunächst wurde die Seismizität des Ortes der Installation wie der Oberfläche und des Untergrundes in seiner Umgebung nicht beschrieben. Die Beschreibung der Seismizität des Gebietes vor der hydraulischen Frakturierung ist von wesentlicher Bedeutung, weil die hydraulische Frakturierung in großem Umfang einen wichtigen Bestandteil des Projektes darstellt.

Darüber hinaus wurden Aspekte wie das Vorhandensein von Erdgas und anderen flüchtigen organischen Verbindungen im Wasser, sowie die Biodiversität, der Status von Infrastruktur und Gebäuden und von bestehenden Bohrlöchern und stillgelegten Strukturen nicht ausführlich beschrieben.

Anforderungen an die Abläufe

Die bei den Abläufen einzuhaltenden Anforderungen werden in Absatz 9 der Empfehlung dargelegt. Diese Anforderungen richten sich sowohl an die zuständigen Verwaltungsbehörden als auch direkt an die Betreiber, welche die Abläufe durchführen oder diese planen.

Erstens hat der Investor einen Wassermanagementplan für alle Phasen des Projektes vorzulegen. Auch wenn im Bericht mit der Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt der Wasserbedarf in den einzelnen Phasen des Projektes angegeben wird, reicht dies nicht aus, weil der Investor jahreszeitlich bedingte Schwankungen bei der verfügbaren Wassermenge nicht berücksichtigt hat. Es kann zu negativen Auswirkungen aufgrund kurzfristiger Einflüsse des geplanten Projektes auf das Wassermanagement im Gebiet, in dem investiert ist, kommen.

Zweitens muss der Investor einen Transport-Managementplan vorlegen. Es erscheint unzureichend, lediglich die Luftmessionen zu ermitteln und die Nutzung der bestehenden öffentlichen Wege zu beschreiben. Die Auswirkung des Kraftfahrzeugverkehrs auf die Gesundheit der Menschen vor Ort und die Biodiversität muss ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Drittens gehört zu den in der Empfehlung dargelegten und bei den Abläufen einzuhaltenden Anforderungen das Auffangen der Gase zur späteren Nutzung, wobei ein Abfackeln und Ausströmen zu minimieren ist. In dem zu analysierenden UVP-Bericht hat der Investor das Verfahren beim Verbrennen des produzierten Erdgases mithilfe sogenannter „Fackeln“ beschrieben. Allerdings wurden keine Maßnahmen erwähnt, um die flüchtigen Emissionen aus der Gasfackel in die Luft zu begrenzen. Es ist anzumerken, dass nach Absatz 9(2)(c) der Empfehlung das Ausströmen von Methan und sonstigen Luftschadstoffen nur auf die außergewöhnlichsten Umstände bei den Abläufen zu beschränken ist und nur aus Sicherheitsgründen erfolgen sollte.

Der Investor hat im UVP-Bericht außerdem versäumt, die Art und Weise der Durchführung der Integritätstests von einzelnen Bohrungen anzugeben. Die Ergebnisse der Tests der Integrität sind durch einen unabhängigen und qualifizierten Dritten zu überprüfen. Darüber hinaus sollten diese Tests in allen Phasen der Projektentwicklung und nach Schließung der Bohrung durchgeführt werden.

Anforderungen hinsichtlich der Überwachung

Im UVP-Bericht werden Vorschläge unterbreitet, um die Auswirkungen der geplanten geologischen Maßnahmen zu überwachen (Kapitel 12). Dennoch sind in den Vorschlägen einige Faktoren nicht berücksichtigt, für die eine solche Überwachung vorzusehen ist. Alle Anforderungen hinsichtlich der Überwachung sind in Absatz 11 der Empfehlung aufgeführt.

Vor allem hat ein Betreiber folgendes zu überwachen:

  • die genaue Zusammensetzung der für jede Bohrung genutzte Frac-Flüssigkeit
  • die für die Frakturierung jeder Bohrung genutzte Wassermenge;
  • der bei der hydraulischen Frakturierung verwendete Druck;
  • die Flüssigkeiten, die nach einer hydraulischen Frakturierung im großen Umfang an die Oberfläche kommen: Anteil des Rückflusswassers, Mengen, Eigenschaften, für jede Lagerstätte wiederverwendete und/oder aufbereitete Mengen.

Die Überwachung der zuvor erwähnten Faktoren hat auch für das geplante Projekt im Falle einer Lizenz für STARA KISZEWA zu erfolgen. Darüber hinaus sollte eine Überwachung auch den Einfluss der hydraulischen Frakturierung auf die Integrität der einzelnen Bohrungen wie auch der Oberfläche und des Untergrundes der Umgebung einbeziehen.

Zusammenfassend sollte betont werden, dass schon die Berücksichtigung der in der Empfehlung der Europäischen Kommission dargelegten Mindestkriterien mögliche Risiken mildern und dazu beitragen kann, dass die Öffentlichkeit angemessen über die Auswirkungen einzelner Umweltaspekte informiert ist. Dadurch werden die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen höheren Sozial- und Umweltstandards erreicht.


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