Eine nachhaltige Entwicklung der Investitionen in Schiefergas in Polen durch aktive Teilhabe der Kommunen an den rechtlichen Verfahren und Vermittlung von Wissen zu diesen Verfahren sicherstellen


Autor: Michal Tarka

Experte für das Programm „Gemeinsam handeln bei Schiefergas“,
Jurist und Doktorant an der Rechtsfakultät der Adam Mickiewicz Universität (UAM) in Poznań, Polen

Publiziert:  2. Juni 2014


Mit der Umsetzung der Informationskampagne „Gemeinsam handeln bei Schiefergas“ wurden eine Reihe von Meinungen aus den durch dieses Programm berücksichtigten Bereichen eingebracht. Sie betreffen die gesellschaftliche Wahrnehmung und gesellschaftliche Akzeptanz sowie Signale des Zweifels in Bezug auf Umwelt- oder Technologiefragen und bestimmte Aktivitäten von Unternehmen, welche eine Lizenz für Polen besitzen. Als Ergebnis des Programms wurde festgestellt, dass eine wirkliche Unterstützung bei rechtlichen Verfahren vonnöten ist.

Die Kommunen wurden bei Treffen der lokalen Dialogausschüssen durch Mitglieder lokaler Verbände und Organisationen der Woiwodschaft Pommern in den folgenden Lizenzgebieten vertreten: Wejherowo, Bytów, Kościerzyna und Kartuzy. Darüber hinaus fanden Treffen mit Vertretern von Verbänden aus den Woiwodschaften Lubelskie und Łódzkie sowie weiteren Woiwodschaften statt. Die Repräsentanten der vom Schiefergas betroffenen Kommunen brachten einhellig ihren Wunsch zum Ausdruck, die exakten, wichtigen rechtlichen Informationen in Form von Genehmigungen und Verwaltungsbeschlüssen, welche für die Unternehmen, die die Lizenzen besitzen, im Laufe der Investitionen erteilt bzw. getroffen wurden, zu erhalten und regelmäßig aktualisieren (überwachen) zu können. Die Forderungen resultieren aus einem Wissensdefizit zu den einzelnen Investitionsphasen und zu den Niveaus beim Umwelt- und Gesundheitsschutz für die Menschen sowie aus den bisher zu allgemein gefassten Informationen der Behörden, Regionalregierungen oder Investoren selbst. Daher sollte ihrer Meinung nach das Wissen um harte Daten zu allen Genehmigungen, die den Betreibern erteilt wurden, erweitert werden, wobei weitere Verfahren in Zusammenarbeit mit den Kommunen durchgeführt werden sollten, wie nach dem Gesetz vorgesehen.

Wie werden derzeit die Investitionen durch die Sozialorganisationen (Verbände) der lokalen Bevölkerung wahrgenommen, und welche Zweifel bestehen?

Die wichtigen Bereiche, bei denen noch Zweifel und die Notwendigkeit bestehen, Wissen in Bezug auf bestimmte Lizenzen und Flächen zu erwerben, sind die folgenden Fragen/ einschließlich Stellungnahme/:

  • Schutz und Sicherheit lokaler Wasserentnahmestellen und -ressourcen;

Die Gemeinden sind für diese Frage durch die Aussage von Herrn Gawłowski, stellvertretender Umweltminister, sensibilisiert worden: „Die Wasserressourcen pro Kopf in Polen sind geringer als diejenigen der Nachbarstaaten und wesentlich geringer als der europäische Durchschnitt. Nach den Daten der Nationalen Behörde für Wassermanagement gibt es durchschnittlich etwa 1.580 Kubikmeter Wasser pro Kopf und Jahr in Polen, wobei die durchschnittlichen Ressourcen pro Kopf in Europa 4.560 Kubikmeter pro Jahr betragen.”

  • Bedingungen für Erhalt und Nutzung einer Lizenz sowie weitere Änderungen von Lizenzen;

  • Programme zu Bergbauabfällen, Abwassermanagement und Recyclingmethoden;

  • Nach dem Wasserrecht erforderliche Genehmigungen für eine bestimmte Nutzung des Wassers, Bau von Wasseranlagen; langfristige Senkung des Grundwasserspiegels; Kanalisationen für Strukturen oder Baugrubenaushube und Bergwerke, Einleitung von Industrieabwasser mit für die Gewässer in der Umgebung besonders gefährlichen Substanzen in Abwassersysteme;

  • Industrieabwasser mit für die Gewässer in der Umgebung besonders gefährlichen Substanzen;

  • Bedingungen für die Festlegung der Schürfrechte und Vorgaben für die Nutzung privater Flächen, einschließlich der Frage von Schadenersatz;

  • Abbauplan;

  • Erfüllung der Verpflichtung, die geologischen Dokumente gegenüber den Regionalregierungen offenzulegen;

  • Für eine Umweltgenehmigung zu erfüllende Anforderungen;

  • Einhaltung aller Verordnungen der nationalen und EU-Gesetzgebung zur Prospektion und Förderung von Öl und Gas mithilfe der hydraulischen Frakturierung und einer Kontrolle;

  • finanzielle Bürgschaft als Sicherheit bei möglichen Umweltschäden

Grundsätzlich haben die meisten Mitgliedstaaten die Anforderung eingeführt, bereits vor dem Beginn der Arbeiten eine finanzielle Bürgschaft zu übernehmen. Diese Gesetzgebungsmaßnahmen haben sich aus der Notwendigkeit ergeben, die Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden umzusetzen. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Bedingungen für eine solche Bürgschaft erheblich unterscheiden können, z. B. in Bezug auf ihre Form, die abgedeckten Risiken, die Rechenverfahren oder der zeitliche Rahmen.

  • Umweltverträglichkeitsprüfung oder strategische Umweltprüfung

Die Verfahren zu Umweltverträglichkeitsprüfungen zu den Rechtsgebieten in der Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedstaaten, welche die größten Unterschiede aufweisen. Diese Vielseitigkeit lässt sich am besten anhand bestimmter Beispiele darstellen.

In einigen Mitgliedsstaaten ist es Pflicht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte durchzuführen, die sich auf Prospektion und Förderung unkonventioneller Kohlenwasserstoffe beziehen. In Bulgarien gibt es diese Verpflichtung seit April 2012. In Dänemark ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ebenfalls Pflicht, allerdings nur für Projekte, die Bohrungen mit dem Verfahren der hydraulischen Frakturierung betreffen. Litauen hat noch eine andere Regelung, nach der bei Projekten, die sich auf die Prospektion unkonventioneller Kohlenwasserstoffe beziehen, im Vorfeld eine Verträglichkeitsprüfung zu erfolgen hat, für ihre Förderung diese Prüfung jedoch nicht erforderlich ist.

In diesem Zusammenhang ist es auch angemessen, auf die polnische Gesetzgebung zu verweisen. Nach dieser Gesetzgebung hat eine vorherige Klassifizierung des Projekts zu erfolgen auf der Basis der Verordnung des Ministerrates vom 9. November 2010 über Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Derzeit ist es nicht erforderlich, eine Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen oder eine Umweltgenehmigung zu erhalten, wenn der Betreiber Arbeiten durchführt, die Bohrungen bis zu einer Tiefe von 5.000 m außerhalb sensibler Zonen (angegeben in §3(43)(c) der Verordnung) vorsehen.

Auch auf den mit der strategischen Umweltprüfung verbundenen Aspekt sollte mit einigen Worten eingegangen werden. Im Allgemeinen muss die Prüfung in den Mitgliedstaaten nicht erfolgen, bevor das Verfahren zur Erteilung einer Lizenz für die Prospektion und Förderung von Kohlenwasserstoffen beginnt. Allerdings ist eine solche Verpflichtung nach den im Vereinigten Königreich und Litauen eingeführten Bestimmungen vorgesehen.

  • Abstand von Gebäuden und Flächennutzung

Keiner der Mitgliedstaaten hat eine Bestimmung eingeführt, die einen Mindestabstand von Wohngebäuden festlegen würde – alles hängt von den Planungsbedingungen ab, welche die zuständigen Behörden festlegen. Für einige Länder stehen die Fragen der Abstandsbegrenzungen in Bezug zu Trink- und Grundwasser-Schutzzonen.

  • Anforderungen an die Überwachung der einzelnen Umweltfaktoren vor Beginn der Arbeiten

Die mit der Überwachung in Zusammenhang stehenden Fragen finden sich in den einzelnen Mitgliedstaaten, darunter Polen, in bestimmten Genehmigungen oder Entscheidungen. In Dänemark ist eine solche Überwachung Teil der Lizenzverpflichtungen, wohingegen z. B. in Spanien die Verpflichtung, eine solche Überwachung durchzuführen, im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung auferlegt werden kann. In Polen wird die Überwachung nicht detailliert im Gesetz geregelt und ist keine gesetzliche Verpflichtung des Lizenznehmers.

  • Zusammensetzung der Frac-Flüssigkeit

Da die Phase der Förderung die komplexeste ist, führt sie zu den meisten Ungenauigkeiten und rechtlichen Unsicherheiten. Der Schutz der Gesundheit und Umwelt ergibt sich vorrangig aus den entsprechenden Richtlinien und ihrer Umsetzung und Anwendung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Zu den problematischsten Fragen gehören die Nutzung chemischer Substanzen in den Frac-Flüssigkeiten, die Zusammensetzung dieser Flüssigkeiten sowie das Management des Rückflusswassers und die Lagerung des im Zusammenhang mit der hydraulischen Frakturierung entstehenden Abfalls.

Für das Einpressen von Flüssigkeiten an sich in den Untergrund gelten mehrere Richtlinien – einige Mitgliedstaaten betrachten es als ein auf das Wassermanagement bezogenes Verfahren, wohingegen andere Staaten dieses Verfahren überhaupt nicht regeln, weil es als Teil eines größeren Projektes angesehen wird, nämlich die Prospektion und Förderung bestimmter Ressourcen. Dies gilt für Polen. Eine weitere wichtige Frage ist diejenige der Lösungen in Bezug auf die Offenlegung der Zusammensetzung der Frac-Flüssigkeiten – grundsätzlich hat kein Mitgliedstaat eine solche allgemeine Anforderung zur Offenlegung eingeführt. Im Vereinigten Königreich können die zuständigen Behörden bei der Erteilung von Genehmigungen, welche das Grundwasser betreffen, die Offenlegung aller während der Arbeiten zu nutzenden Substanzen verlangen. Ein ähnlicher Ansatz wird in Spanien verfolgt – während der Entscheidungsfindung durch den Umweltminister kann die Offenlegung solcher Informationen verlangt werden.

Die Phase der Förderung der Vorkommen wirft außerdem weitere Probleme auf, die gemeldet werden. Dazu zählen Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserquellen (beachtliche Mengen von Wasser werden für die Frakturierung benötigt), die Integrität der Bohrungen sowie das Abfackeln von Gas und die Luftemissionen.

Eine Möglichkeit, gesellschaftliche Erwartungen bei rechtlichen Verfahren zu beachten

Es gibt detaillierte rechtliche Rahmenbedingungen für alle zuvor erwähnten zweifelhaften Faktoren, welche die meisten Fragen aufwerfen, auf den größten Widerstand stoßen und für die Bevölkerung von Interesse sind. Danach sind Investoren auch verpflichtet, eine Reihe rechtlicher Verfahren durchzuführen. Dies bedeutet, dass die Informationen zu diesen Verfahren und ihre Ergebnisse den Vertretern der Kommunen ganz einfach vorgelegt werden können, die auch in einige dieser Verfahren einbezogen werden können. Polen verfügt über drei Rechtsinstrumente, die genutzt werden können, um Angaben zu bestimmten Orten für Bohrungen zu machen und eine wirkliche und nicht nur scheinbare Teilhabe an Verwaltungsbeschlüssen zu ermöglichen:

  • Das Einholen von öffentlich zugänglichen Informationen im Rahmen einer Anfrage eines lokalen Verbandes zu bereits entschiedenen Fragen, um sowohl die Rechte als auch die Pflichten von Lizenznehmern in einem bestimmten Gebiet zu diskutieren;
  • Die Anerkennung als Verfahrensbeteiligter bei schwebenden Verfahren, um eine Teilhabe an aktuellen Verwaltungsverfahren zu gewährleisten, sofern dies nach polnischem und europäischem Recht zulässig ist;
  • Die Beteiligung an einer sozialen oder Umweltorganisation als Vertreter einer sozialen Gruppe in rechtlichen Verfahren und als Reaktion auf nicht angemessen geklärte Fälle.

Um eine wirkliche Teilhabe der Kommunen an den die Investitionen betreffenden Entscheidungen und ihren Einfluss auf Verwaltungsbeschlüsse sicherzustellen sowie das gesellschaftliche Bewusstsein zu schärfen und Bedenken auszuräumen, ist es notwendig, schnell eine Plattform zu schaffen, um Genehmigungen und Verwaltungsbeschlüsse zu Schiefergas zu überwachen und eine Grundlage für eine professionelle rechtliche Unterstützung der lokalen Verbände in den Bereichen zu bieten, für welche die Lizenzen erteilt worden sind.

Die effiziente Organisation und die breit angelegte Informationskampagne in Form von lokalen Dialogausschüssen in den Lizenzgebieten, das Bildungsangebot, die regelmäßige Überwachung der Verfahren und die Teilhabe der lokalen Ausschüsse an solchen Verfahren, und zwar unter Einbeziehung der gesellschaftlichen Gruppen, lokalen Behörden und Investoren, sollten bald zu beschleunigten Verwaltungsbeschlüssen, einer gesellschaftlichen Akzeptanz und einem Verständnis für schwierige Fragen in Bezug auf Umweltschutz und Technologie führen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Bildungs- und Informationsinitiativen im Rahmen der Kampagne „Gemeinsam handeln bei Schiefergas“ fortgesetzt werden sollten. Das Programm sollte auch durch ein Bildungsmodul zu der vom Ort abhängigen Rechtslage der Lizenznehmer, den Rechtsschutz der Kommunen, die gesellschaftliche Überwachung der Genehmigungen und Lizenzen und den breit angelegten Zugang zu rechtlichen Verfahren in einer geordneten und wirklich organisierten Weise ergänzt werden.


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